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Andreas Schluricke.

Kicken für ein Frauennetzwerk :

Allgemein

„Discover Football“ erhält den Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2011. Hinter diesem Projekt steckt eine engagierte Truppe Ehrenamtlicher, die regelmäßig ein internationales Frauenfußballturnier in Berlin organisiert. Eine von ihnen ist Sara Schlote. Sie berichtet gegenüber spd.de von der kulturellen und emanzipatorischen Kraft des Events.

Jedes Jahr zeichnet die SPD mit dem Heinemann-Preis bürgerschaftliches Engagement aus. Am 23. Mai erhalten die Verantwortlichen des Frauenfußballprojekts „Discover Football“ den mit 10.000 Euro dotierten Preis im Willy-Brandt-Haus. Sara Schlote ist eine der Organisatorinnen des Projekts. Mit ihr hat Moritz Rödle, Volontär beim Saarländischen Rundfunk, ein Interview für spd.de geführt.

spd.de: Hallo Sara, gibt es in Berlin nicht genug Frauenmannschaften? Oder warum sucht ihr euch eure Gegner in aller Welt?
Sara Schlote: Also in Berlin gibt es tatsächlich nicht genug Frauenmannschaften. In Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel nur drei. Auf die Idee sind wir aber aus einem anderen Grund gekommen: Als wir vor fünf Jahren mit unserer Mannschaft zu einem Spiel gegen die iranische Nationalmannschaft nach Teheran geflogen sind, haben wir gesehen, was es in anderen Ländern für Frauen bedeuten kann Fußball zu spielen. Da dürfen Frauen das nämlich eigentlich gar nicht oder müssen es zumindest versteckt tun. Sie haben teilweise riesige Probleme mit dem politischen System, wenn sie spielen. Das Regime im Iran hat dann auch verhindert, dass die Iranerinnen zum Rückspiel nach Berlin kommen konnten.

Frauenfußball als politischer Feind?
Für uns war es der Anstoß, uns damit auseinanderzusetzen, was es für Frauen in vielen Teilen der Welt bedeutet Fußball zu spielen. Warum dürfen sie es häufig nicht? Und wie kann der Fußball helfen, dass Frauen selbstbewusster werden und dass sie sich Rechte erkämpfen und eine andere Stellung in der Gesellschaft finden? Deshalb haben wir dann Mannschaften gesucht, die mit solchen Problemen konfrontiert sind oder die Fußball nutzen, um anderen Frauen oder auch sich selbst zu helfen.

Discover-Football-Finale 2010: Sambia gegen Paraguay (Bild: Discover Football) Das hört sich so einfach an, macht aber sicher sehr viel Arbeit. Wie organisiert ihr dieses Turnier?
Wir fordern über das Internet Mannschaften auf, sich für die Teilnahme an dem Turnier zu bewerben. Dabei helfen uns die Goethe-Institute und das Auswärtige Amt. Eine Jury – unter anderem mit dem DFB-Präsidenten Theo Zwanziger – entscheidet, wen wir einladen. Ausgewählt werden die Teams nach den Kriterien: soziales Engagement und spezielle Problematik in dem Land. Sieben Teams werden dann nach Berlin eingeladen und spielen hier gegeneinander. Wir stricken auch noch ein nettes Rahmenprogramm drum herum. Wichtig ist uns besonders, dass die Teams sich untereinander austauschen können und dass sie die Möglichkeit bekommen, über ihre Projekte zu berichten.

Und nach einer Woche fahren alle wieder nach Hause. Was bleibt dann?
Facebook sei Dank viele Kontakte in die ganze Welt. Einige Teams haben wir sogar schon wieder gesehen, als wir zu einem ähnlichen Turnier nach Österreich gefahren sind. Also die Kontakte bleiben und wir tauschen uns weiter aus.

Was haben denn die anderen Teams für Projekte? Für was setzen sie sich in ihren Heimatländern ein?
Ganz unterschiedlich. Das Team aus Togo zum Beispiel ist von Juristinnen gegründet worden, die über die Rechte der Frauen aufklären wollen. Die machen zum Beispiel darauf aufmerksam, dass Frauen in ihrer Heimat häufig häusliche Gewalt erleiden müssen. Andere Mannschaften setzen sich mit der Aids-Problematik auseinander und versuchen dort aufzuklären. Sie wollen über Fußball an die Menschen herankommen. Ganz viele Teams schreiben uns, dass sie sich über das Fußballspielen einen Platz in der Gesellschaft erobern.

Die SPD verleiht euch den Gustav-Heinemann-Preis. Zur Preisübergabe hat sich auch DFB-Präsident Theo Zwanziger angekündigt – er bringt auch noch ein paar deutsche Nationalspielerinnen mit. Die Gesellschaft sagt also quasi Danke. Wie empfindet ihr das?
Das ist ein toller Akt der Anerkennung. Wir haben uns darüber riesig gefreut. Das zeigt ja auch, dass unser hauptsächlich ehrenamtliches Engagement für den Frauenfußball durchaus als wichtig angesehen wird.

Sagen wir, du hast einen Wunsch frei. Was könnte man an eurem Projekt noch verbessern?
Na wir würden natürlich gerne den anderen Teams mehr bieten. Das könnte einerseits sein, dass noch mehr Publikum zu unseren Veranstaltungen kommt. Es wäre aber auch schön, wenn wir den Teams noch mehr Ansprechpartner und Kontakte in Deutschland vermitteln könnten. Für uns als Verein wäre es toll eine Finanzierung zu haben, mit der wir sicher planen könnten. Wir haben gemerkt, dass diese eine Woche richtig toll ist und auch viel hilft, aber in Wahrheit bräuchten wir stabile Strukturen, um den Frauen aus den verschiedenen Ländern mit Know-How aber auch schlicht und einfach mit finanziellen Mitteln bei ihren Projekten Unterstützung bieten zu können. Logische Konsequenz, aus dem was wir angefangen haben, könnte dann die Schaffung eines Fördernetzwerkes für Frauen sein.

Discover Football hat auch 2011 wieder Teams zur "kleinen WM in Kreuzberg" eingeladen. Das Turnier findet vom 27. Juni bis zum 3. Juli statt. Mehr dazu hier: www.discoverfootball.de

 

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