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Andreas Schluricke.

JETZT SIND FRAUEN DRAN :

Bundespolitik

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in ihrer gestrigen Sitzung einen Beschluss zur Gleichstellung im Erwerbsleben gefasst:

Frauen wollen ihr Leben nach ihren Vorstellungen gestalten. Und das bedeutet für die aller-meisten: berufstätig zu sein und Familie zu haben. Dafür tun Frauen viel. Sie investieren viel Zeit, Energie und Geld in ihre Ausbildung. Oft sind Frauen besser qualifiziert als Männer. Und sie sind auch diejenigen, die den Großteil der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen und des bürgerschaftlichen Engagements schultern. Frauen sind die Leistungsträgerinnen unserer Gesellschaft.

Die Wünsche und Lebensvorstellungen von Frauen nehmen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ernst. Unser Ziel ist Gleichstellung in allen Bereichen. Gerade in der aktu-ellen wirtschaftlichen Krise wollen wir Frauen unterstützen, weil sie oft besonders stark von Kurzarbeit oder Arbeitsplatzverlust betroffen sind. Unsere Leitbilder sind und bleiben deshalb
• die gleiche Teilhabe von Frauen an existenzsichernder und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, an fairer Bezahlung, an beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, an Führungs- und Aufsichtsfunktionen sowie
• die partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit zwischen Frauen und Männern.

Daran haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unsere Politik ausgerichtet:
• Mit dem Elterngeld signalisieren wir den jungen Frauen, schnell wieder in den Beruf zu-rückzukehren. Das verbessert ihre Chancen nachhaltig. Hinzu kommt, dass es jetzt auch für Väter attraktiv ist, in Elternzeit zu gehen und sich um die Kinder zu kümmern. Zusammen verbessert dies die Chancen von Müttern auf dem Arbeitsmarkt wirksam.
• Wir sind die treibende Kraft beim Ausbau der Kinderbetreuung. Angefangen haben wir in der letzten Legislaturperiode mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz, im letzten Jahr haben wir das Tempo noch verschärft. Um Eltern Sicherheit zu geben, haben wir alle Kinder ab ihrem ersten Geburtstag mit einem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ausgestattet. Er gilt ab 2013. Damit Gemeinden und Länder den Ausbau der Kinder-betreuung schultern können, beteiligt sich der Bund finanziell - deutlich und auf Dauer.
• Wir haben mit unserem Programm „Zukunft Bildung und Betreuung“ den Startschuss für den Ausbau der Ganztagsschulen gegeben. Von den dafür vom Bund zur Verfügung gestellten insgesamt 4 Mrd. Euro haben bisher bereits rund 7.000 Ganztagsschulen profitiert.
• Damit die Kinderbetreuung keine Frauensache bleibt, haben wir beim Elterngeld die Partnermonate durchgesetzt. Und die sind ein voller Erfolg. Der Anteil der jungen Väter, die in Elternzeit gehen, hat sich gegenüber dem alten Erziehungsgeld fast verfünffacht, von 3,5% auf jetzt 16%.
• Mit dem Bundesgleichstellungsgesetz haben wir dafür gesorgt, dass mehr Frauen im öffentlichen Dienst des Bundes eingestellt worden sind. Auch ihr Anteil an Führungspositionen ist leicht gestiegen.

Wir sehen: Gerade bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir mit Sieben-Meilen-Stiefeln vorangekommen. Wir stellen aber auch fest: Das allein reicht nicht aus.

Denn die Schlüsselpositionen in der Wirtschaft werden immer noch fast ausschließlich von Männern besetzt. Frauen verdienen deutlich weniger als Männer, ganze 23%. Die allermeis-ten Beschäftigten im Niedriglohnbereich und in den ungeschützten Beschäftigungsverhält-nissen sowie die allermeisten Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Das hat negative Auswir-kungen auf die Absicherung von Frauen bei Arbeitslosigkeit und im Alter. Alles in allem ist unser Arbeitsmarkt nach wie vor gespalten in einen besseren Arbeitsmarkt für Männer und einen schlechteren für Frauen. Dabei haben Migrantinnen, ältere Arbeitnehmerinnen und Frauen mit Behinderungen nochmals schlechtere Chancen. Die freiwillige Vereinbarung der Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft vom Juli 2001 hat sich als stumpfes Schwert erwiesen. Die geringen Fortschritte können uns nicht überzeugen.

Denn die Benachteiligung von Frauen im Beruf beschneidet Lebenschancen, schadet unse-rer Wirtschaft und noch mehr unserer Demokratie. Damit können und wollen wir uns nicht länger abfinden.

Das Jahr 2009 steht ganz im Zeichen von Frauen: Vor 90 Jahren konnten sie zum ersten Mal vom Frauenwahlrecht Gebrauch machen, seit 60 Jahren gilt das Grundgesetz mit dem Gleichberechtigungsgebot. Für beides haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra-ten gekämpft. Jetzt wollen wir das Gleichberechtigungsgebot mit Leben füllen. Dazu halten wir – anders als unser Koalitionspartner – auch gesetzliche Maßnahmen für notwendig. Wir setzen auf folgendes Maßnahmenpaket:

1. Mehr Frauen in Aufsichtsgremien

Wir wollen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an den Aufsichtsgremien der Kapital-gesellschaften. Denn die dortige Männerdominanz ist ein Grund für die nach wie vor gelten-den Nachteile von Frauen im Hinblick auf Führungsfunktionen und Bezahlung. Deshalb nehmen wir uns Norwegen zum Vorbild: Wir wollen eine gesetzliche Quote für die Besetzung von Aufsichtsratsposten einführen.

2. Spitze mit Frauen

Wir wollen die gleiche Teilhabe von Frauen auch an Führungspositionen. Acht Jahre hatten die Unternehmen die Chance, freiwillig für Chancengleichheit zu sorgen. Diese Chance ha-ben sie nicht genutzt. Deshalb werden wir mit weiteren gesetzlichen Maßnahmen die Unter-nehmen zur Gleichstellung verpflichten.

Das gilt auch für verbindliche Vorgaben mit Sanktionsmöglichkeiten im Bildungs-, Wissen-schafts- und Forschungsbereich. Wir wollen ein gleichstellungspolitisches Programm auch für die Wissenschaft auflegen.

3. Gute Arbeit

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben Mindestlöhne in neun Branchen mit insgesamt 3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erstritten. Das ist ein großer Erfolg. Wir halten aber an unserem Ziel fest, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindest-lohn einzuführen. Dieser Mindestlohn soll selbstverständlich in allen Branchen gelten und wird alle Frauen im Niedriglohnbereich erreichen.

Frauen müssen raus aus der Falle von ungeschützter und geringfügiger Beschäftigung. Deshalb setzen wir auf existenzsichernde Beschäftigung und Sozialversicherungspflicht für alle Erwerbsverhältnisse. Dies hat auch positive Folgen für die soziale Sicherung von Frau-en. Auf dem Weg dorthin werden wir als ersten Schritt bei den Minijobs die Stundenbegren-zung auf 15 Stunden pro Woche wieder einführen. Ziel ist die volle Absicherung in der Sozi-alversicherung.

4. Scharfes Schwert gegen Diskriminierung

Wir wollen einen wirkungsvollen Diskriminierungsschutz. Das Allgemeine Gleichbehand-lungsgesetz (AGG) stärkt die Position von Frauen. Doch es hat noch keine flächendeckende Wirkung gegen Diskriminierung entfaltet. Deshalb wollen wir es weiterentwickeln und wir-kungsvoller machen.

5. Vielfalt durch Migrantinnen, ältere Arbeitnehmerinnen und Frauen mit Behinderung

Migrantinnen, ältere Arbeitnehmerinnen und Frauen mit Behinderung sind mehrfach diskriminiert und haben besonders schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wir wollen mit besonderen Förderprogrammen und Modellprojekten dazu beitragen, dass ihre Position im Erwerbsleben besser wird.

6. Geschlechtergerechtes Steuersystem

Das Ehegattensplitting begünstigt Ehen mit hohen Einkommensunterschieden zwischen den Eheleuten, insbesondere die Alleinverdienerehe. Es schwächt die finanziellen Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und stellt damit für verheiratete Frauen eine große Hürde für ihren Wiedereinstieg in das Erwerbsleben dar. Es ist mitverantwortlich für die hohe An-zahl von Frauen in geringfügiger Beschäftigung.
Außerdem ist das Splitting ungerecht, weil sich die Begünstigung bei Eheleuten mit hohen Einkommen besonders stark auswirkt. Wir werden deshalb das Splitting sozial gerecht weiterentwickeln und dabei für bessere Erwerbsanreize für Frauen sorgen.

7. Noch mehr Partnerschaftlichkeit

Das Elterngeld ist ein großer Erfolg. Vor allem die Partnermonate haben für mehr partner-schaftliche Arbeitsteilung zwischen Müttern und Vätern gesorgt. Diese positive Entwicklung wollen wir verstärken. Deshalb werden wir mit weiteren Maßnahmen Partnerschaftlichkeit noch besser unterstützen.

8. Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Bei der Kinderbetreuung haben wir viel erreicht, jetzt muss der nächste Schritt folgen. Wir wollen die frühkindliche Bildung verbessern. Denn nur gute Kitas können Kindern bessere Bildungschancen verschaffen und benachteiligte Kinder optimal fördern. Wir wollen für bes-sere Qualität, Beitragsfreiheit und Ganztagsplätze in unseren Kitas sorgen.

9. Offensive für Alleinerziehende

Alleinerziehende haben besondere Belastungen und Risiken zu meistern. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt hat für uns höchste Priorität. Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung, der Weiterentwicklung von Kinderzuschlag und Wohngeld, der Anhebung der Regelsätze für die 6- bis 13jährigen und dem Schulbedarfspaket haben wir sie gezielt unterstützt.

Doch wir können uns mit dem Erreichten nicht zufrieden geben. Ganztagsplätze in Kitas, Mindestlohn und bessere soziale Absicherung werden weitere willkommene Hilfen sein. Au-ßerdem wollen wir den Ausbau von Eltern-Kind-Zentren vorantreiben, um Hilfen unter einem Dach anzubieten. Schließlich sollen Alleinerziehende bei der Vermittlung in existenzsichern-de Arbeit höchste Priorität bekommen. Deshalb wollen wir sie zu einer besonderen Zielgruppe der Bundesagentur für Arbeit machen.

10. Endlich Lohngleichheit

Frauen und Männer müssen für gleiche und gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt be-kommen. Das ist eine rechtliche Verpflichtung und ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Tat-sächlich verdienen Frauen in Deutschland ganze 23% weniger als Männer. Dieser Lohnun-terschied ist EU-weit besonders groß und hat sogar noch leicht zugenommen.

Die Ursachen für diese Lohndiskriminierung sind vielfältig. Ausschlaggebend sind die schlechtere Bewertung von typischen „Frauenberufen“ und Kompetenzen von Frauen u.a. auch in Tarifverträgen, die Dominanz des Familienernährer-Zuverdienerinnen-Modells, die Zuordnung von Haus- und Familienarbeit vorrangig bei Frauen und damit verbunden die tra-ditionell schlechte Versorgung mit Kitas und Ganztagsschulen, die Diskriminierung von Teil-zeitarbeit sowie die geringe Repräsentanz von Frauen in Führungsfunktionen.

Mit unseren Maßnahmen werden wir unserem Ziel der Lohngleichheit näher kommen. Dafür sorgen die Quote für Aufsichtsgremien, gesetzliche Regelungen für die Privatwirtschaft, die Einführung eines gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohns, die Weiterentwicklung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des Steuersystems, der weitere Ausbau der Kinderbetreuung und die Förderung von Partnerschaftlichkeit.

Wir wollen aber noch mehr. Denn ein Schlüssel zur Gleichbehandlung liegt in der Änderung der Arbeitsbewertung. Deshalb wollen wir rechtlich verbindliche Diskriminierungs-Checks von Tarifverträgen einführen. Einige Gewerkschaften setzen bereits auf diesen neuen Weg. Diese Entwicklung wollen wir unterstützen.

 

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