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Andreas Schluricke.

Ralf Holzschuher: CDU braucht wieder mehr Bürgerlichkeit :

Landespolitik

SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher hat heute in den Potsdamer Neuesten Nachrichten auf einen Beitrag von CDU-Chefin Saskia Ludwig geantwortet. Sie zeichne ein „extremistisches Zerrbild“ von Brandenburg und rückte die Landesregierungen von Manfred Stolpe und Matthias Platzeck, der die CDU selbst ein volles Jahrzehnt angehörte, in die Nähe von undemokratischen Unrechtsregimen. „Wir erleben eine CDU, die sich in Maßlosigkeit verliert, keinen Kompass besitzt und so zur ernsten Belastung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes wird“, so Holzschuher. Im Folgenden finden Sie den vollständigen Beitrag des SPD-Fraktionschefs:

„Meinungsstreit in der Demokratie ist eine wichtige Sache, politische Debatten müssen sein. Aber wenn es nur noch um persönliche Abrechnung geht und die Maßstäbe komplett verrutschen, dann läuft etwas grundsätzlich schief.

Brandenburgs CDU-Chefin Saskia Ludwig hat nun ihr Weltbild offengelegt. Ihre Behauptung: Die Landesregierungen Brandenburgs – der übrigens ihre eigene Partei ein volles Jahrzehnt selbst angehörte – hätten systematisch die „Unterhöhlung der Demokratie“ betrieben, die gegenwärtige Regierung Platzeck ziele auf die „Auslöschung alles Bürgerlichen“. Dass Frau Ludwig ernstlich diese Auffassung vertritt, sagt weitaus mehr über sie aus als über den Zustand unseres Landes. Brandenburg ist kein reiches Land, aber gemeinsam sind wir in den vergangenen Jahren gut vorangekommen. Die Arbeitslosigkeit bei uns ist niedriger als in Sachsen, die EU hat unser Land als eine der drei „exzellentesten Regionen“ Europas ausgezeichnet, bei der Wirtschaftsdynamik liegen wir auf Platz 1 in Deutschland. Wenn Frau Ludwig düster über ein angeblich noch immer existierendes „Stasi-System“ raunt, fragt man sich, auf welchem Planeten sie eigentlich lebt. Denn das Land, das ich kenne, besitzt eine lebendige Zivilgesellschaft und ist in der Moderne angekommen.

Die CDU-Chefin zeichnet ein extremistisches Zerrbild, das Anlass zu großer Sorge gibt. Es deutet darauf hin, dass der CDU-Führung so grundlegende bürgerliche Tugenden wie Augenmaß und Realitätssinn abhanden gekommen sind. Mit ihren Äußerungen rückt sie die Regierungen Stolpe und Platzeck in die Nähe undemokratischer Unrechtsregime. Solche Behauptungen untergraben unsere politische Kultur. Sie gefährden allerdings auch die Existenz der CDU als Volkspartei. Eine Union, deren Führung solch offensichtlichen Unfug vertritt, erweist sich als maßlos und realitätsfern. Sie lässt obendrein völlig vermissen, was ihr doch angeblich so wichtig ist: eine Grundhaltung der Bürgerlichkeit.

Um nicht missverstanden zu werden: Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist notwendig. Hüten sollten wir uns jedoch vor Schwarz-weiß-Malerei und Denunziation. Gesine Schwan hat kürzlich ein Klima angemahnt, in dem eine offene Diskussion zwischen Tätern und Opfern möglich ist. Es müsse darüber gesprochen werden können, wer Täter und wer Opfer sei – manche waren beides zugleich. Wir brauchten ein Klima, meint Gesine Schwan, in dem individuelle Selbstprüfung möglich sei, genauso wie Bekenntnis und Wiedergutmachung. Und am Ende auch Versöhnung. Genau so habe ich die Friedliche Revolution von 1989 verstanden: Keine Abrechnung, sondern Auseinandersetzung. Kein Hass, sondern zweite Chancen für diejenigen, die sich öffnen, bereuen und in der Demokratie mitwirken. Dass dabei angesichts der massiven Herausforderungen – explodierende Massenarbeitslosigkeit, katastrophale Umweltsituation, zusammenbrechende Wirtschaft – auch Fehler gemacht wurden, bestreitet nun wirklich niemand. Wo immer möglich, wurden und werden diese Fehler korrigiert. So besitzt Brandenburg nun eine Stasi-Beauftragte, die Abgeordneten des Landtages werden wieder auf Stasi-Zusammenarbeit überprüft, und in den Schulen wird die Beschäftigung mit der DDR intensiviert. Auch werden wir die Betreuung von Opfern der DDR-Diktatur weiter verbessern.

Doch der Blick in den Rückspiegel löst allein keine Probleme von Gegenwart und Zukunft. Wer voran kommen will, muss die meiste Zeit nach vorne schauen. Ihre hysterische Vergangenheitsdebatte führt die CDU in unserem Land, weil sie davon ablenken will, dass sie für die Zukunft unseres Landes weder Ideen noch Konzepte hat. Doch die Sache ist außer Kontrolle geraten. So ist die CDU in eine ganz eigene, mit der Realität allenfalls noch lose verbundene Gedankenwelt geraten.

Unterdessen werden die Herausforderungen der Zukunft nicht kleiner. Deshalb überlegen wir, wie wir mit schrumpfenden Landesmitteln unseren Staat bürgerfreundlicher machen können; wie wir in einem älter werdenden und immer dünner besiedelten Land öffentliche Gesundheitsversorgung und Nahverkehr organisieren; wie wir unsere Gesellschaft angesichts globaler Wirtschaftskrisen zusammenhalten können. Darauf gibt es keine einfachen Antworten, aber immerhin suchen wir danach. Bei allen Problemen haben wir Brandenburger allen Grund, stolz auf unser Land zu sein: Nirgendwo in Ostdeutschland gibt es so viele Selbstständige wie bei uns, nirgendwo sonst ist die Arbeitslosigkeit so schnell gesunken, nirgendwo sonst gibt es so erstklassige „Netzwerke Gesunde Kinder“, die entscheidend vom Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger leben. Die allermeisten Brandenburger leben gerne in ihrer Heimat, die sie seit 1990 mit großem Fleiß und mit Beharrlichkeit aufgebaut haben.

Mit seinem nachdenklichen Beitrag für die PNN hat der geschichtsbewusste Konservative Alexander Gauland der Brandenburger CDU erläutert, wie sie sich aus der Mitte dieses Landes an den Rand manövriert hat. Saskia Ludwigs Erwiderung beweist auf beängstigende Weise, wie richtig Gauland liegt. Die Selbstabschaffung der CDU als ernst zu nehmende Partei schmerzt viele Bürger in unserem Land, denn wir brauchen eine zukunftsorientierte CDU als Opposition und Korrektiv. Stattdessen erleben wir eine Union, die sich in Maßlosigkeit verliert, keinen Kompass besitzt und so zur ernsten Belastung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes wird. Die Brandenburger haben Besseres verdient.“

 

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